Ein Kampfhund? Ein Boxer? Ein Frenchie! Und moppelig noch dazu!

by Andrea

Ein Kampfhund?

Ein Boxer?

Ein Frenchie!

Und moppelig noch dazu!

 

Was unser Continental Bulldog Mädchen so alles ist, erfuhren wir des Öfteren von Passanten auf der Straße.

Gretchen war bereits als Baby bulldoggentypisch breit gebaut. „Die ist aber ganz schön moppelig“, wurde von völlig Fremden fachmännisch geurteilt. War sie natürlich nicht, die Ärztin sagte, ihr Gewicht sei perfekt. Wir haben das Essen von Anfang an abgewogen und sehr darauf geachtet. Nein, nein, da wollten die Hundeexperten nicht mit sich reden lassen. Die ist moppelig, und basta.

Ob das einer von diesen aggressiven Kampfhunden sei, wollte ein Mann wissen, den unser 12 Wochen altes Hundebaby mit einem freundlichen Schwanzwedeln begrüßte. Ich sah ihn an und fragte: „Wirkt sie wirklich gefährlich auf Sie?“ „Hmmmm … Neee …“, sagte er und fügte nach kurzem Nachdenken hinzu: „Man hört halt so viel in den Medien, da bin ich lieber vorsichtig.“ Sie hat dann noch ihre Streicheleinheit bekommen und war sehr zufrieden. Dass sie gefährlich wirkte, davon wusste sie ja schließlich nix.

Wir nahmen sie mit ins Café. Eine ältere Dame hielt ihren kleinen Hund kurz und musterte uns skeptisch. „Ist das einer von diesen Kampfhunden?“, fragte sie vorwurfsvoll. „Ja“, sagte Wolfi. „Die läuft 180 km/h Spitze und geht direkt an die Kehle.“ Stille. Nach einem kurzen Moment verlegenes Lachen.

Beim Spazierengehen, wir hatten sie an der Leine, baute sich eine Frau oberhalb einer Treppe vor uns auf und ruderte hektisch mit den Armen. Das sechs Monate alte Gretchen erschreckte sich furchtbar und fing an zu bellen. Die Frau begann, laut auf uns einzuschimpfen. „Der Hund ist gefährlich, halten sie ihn gut fest!“ „Ich habe sie fest an der Leine, keine Angst“, sagte ich. Das wollte sie nicht gelten lassen. „Nein, nein, die Leine ist zu dünn. Die kann reißen. Solche Hunde sind gefährlich, das weiß man ja aus dem Fernsehen!“ „Keine Angst, die Leine ist fest, sie reißt nicht“, versuchte ich sie zu beruhigen. Zwischen uns lagen immerhin noch 10 Meter und wir waren zur Seite gegangen. Keifend stand sie nun dort. Ich sagte: „Mehr, als sie festzuhalten, kann ich auch nicht machen“, und so ging sie dann irgendwann vor sich hin giftend an uns vorbei. Gretchen war froh, als die gruselige, aggressive Frau weg war.

 



Auch andere Hundebesitzer waren ab und an skeptisch. Obwohl Gretchen immer mit einem fröhlichen Schwanzwedeln auf andere Hunde zuging, war sie Manchen suspekt. Wir hielten sie nah bei uns, um niemandem unnötig Sorgen zu bereiten. Kam der andere Hund dann doch näher und die Begegnung lief entspannt ab, hörten wir häufig: „Ach, die ist ja ganz lieb.“

Ja, das ist sie. Sie ist unglaublich freundlich und gutmütig. Wir haben von Anfang an darauf geachtet, sie gut zu sozialisieren. Wir haben uns mit der Körpersprache des Hundes auseinandergesetzt und waren oft erstaunt, wie viele Besitzer das nicht tun und den eigenen Hund nicht besonders gut einschätzen können. Wie oft es vorkam, dass sich der andere Hund anspannte und wir Gretchen fernhielten. Um dann ein vorwurfsvolles „Ach lassen sie die Arme doch mal Hallo sagen!“ zu hören. Letztens begegneten wir einem Hund, der in Bruchteilen von Sekunden völlig eskalierte. Der Besitzer murmelte nur genervt: „Das macht der immer. Blöder Psychohund.“ Gut, das hinterher zu erfahren.

Wir haben glücklicherweise dennoch hauptsächlich positive Erfahrungen gemacht. Die meisten Menschen sind ganz hin und weg von Gretchens fröhlicher, offener Art und knuddeln sie herzlich auf der Straße, so dass man gerade zu Corona-Zeiten eher versuchen muss, zumindest Küsse auf die Schnute zu vermeiden. Was tatsächlich gar nicht so selten nötig war.



Bei vielen Begegnungen erfuhren wir dann auch, was wir für eine Rasse am anderen Ende der Leine haben. Viele glaubten, einen Frenchie zu sehen und waren nur schwer davon zu überzeugen, dass sie keiner ist. „Also meine Freundin hat auch einen und der sieht haaaaargenau so aus.“
Oder: „Das ist doch ein Listenhund, der muss zur Phänotypisierung, nicht wahr?“ „Nein, das kommt eher bei OEBs vor“, versuchte ich, mein Gegenüber aufzuklären. „Doch doch, ein Bekannter hat genau so einen, und da war das so. Der hatte da ne Menge Ärger!“ Ich lächelte und nickte.
Nicht wenige waren überzeugt davon, einen Boxer vor sich zu haben. „Ich liebe Boxer, die sind so schön!“ Ein Mann teilte mir begeistert mit: „In meiner WG damals hatten wir auch einen Boxer! Der war nur viel größer und hatte längere Beine.“ „Ja“, sagte ich. „Das könnte daran liegen, dass sie kein Boxer ist.“ Nachdenkliches Nicken. „Ah so. Ok. Tschö.“

Wir freuen uns über nette Begegnungen, wir tauschen uns gerne aus und beantworten auch interessierte Fragen zur Rasse. Wir verstehen auch, dass nicht jeder Hunde mag und gerade stärkere Hunde für den einen oder anderen auch mal furchteinflößend wirken können.

Was wir uns aber wirklich wünschen würden, wäre eine weniger reißerische Berichterstattung in den Medien. Es gibt keine Rasse, die „Kampfhund“ heißt. Kein Hund eskaliert, ohne dass vorher mächtig was schief gelaufen ist.

 


Wir würden uns besonders wünschen, auf Freilaufflächen nicht mehr den Satz zu hören „die machen das unter sich aus“ oder „der macht das immer so, der ist halt dominant.“ „Der jagt immer andere Hunde, das ist halt die Rasse.“ Oder auch: „Ihre wird sich schon wehren, wenn ihr das zu viel wird.“ Wir möchten viel lieber auf Hundebesitzer zu treffen, die darauf achten, dass ihr Hund andere nicht mobbt. und den Unterschied von ausgeglichenem Spielen und einer für zumindest einen der Hunde unangenehmen Begegnung zu erkennen. Es muss doch nicht erst eskalieren. Wir können ein schönes Miteinander lenken. Und das ist auch unsere Verantwortung als Hundeeltern.

Als Nicht-Kampfhund, Nicht-Listenhund und nicht aggressiver Frenchie-Boxer freut sich Gretchen über andere freundliche Hunde-Kumpels, die mit ihr toben, rennen und schnüffeln. Sie dreht schnell auf, so dass wir immer ein Auge darauf haben, dass sie anderen Hunden nicht zu viel wird.

Mit was sie bisher gekämpft hat: Schuhen, unseren Händen, der Tapete, Stofftieren, Ästen, Kissen, Tragetaschen, Boxen und Knochen.

Mit was sie bisher nicht gekämpft hat: Anderen Hunden, sonstigen Tieren oder auch Menschen. Und das wird wohl auch so bleiben. Weil wir bestmöglich dafür sorgen, dass unsere Kleine sich so verhält, dass sich Mensch und Tier in ihrer Nähe wohlfühlen und auch umgekehrt.

 



Das wäre auch unser Wunsch an andere Hundeeltern. Den eigenen Hund gut einschätzen zu lernen. Ihn nicht in Situationen zu nötigen, auf die er keine Lust hat. Sich vertraut zu machen mit der Körpersprache des Hundes, erkennen zu lernen, wann ein Spiel noch ein Spiel ist. Ab wann man eingreifen sollte. So wird es für alle eine möglichst schöne Begegnung.

 

eure Andrea mit Wolfi & Gretchen 

 Wenn ihr mehr von Gretchen und ihren wilden Abenteuer erfahren wollt, schaut gerne auf ihrem Instagram Account vorbei : Gretchendelight

 


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